Das Sozialgericht München hatte sich vorliegend im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes mit der Frage zu befassen, ob die Voraussetzungen für eine Versorgung mit Leistungen der Behandlungssicherungspflege vorliegen.
Die 2014 geborene Antragstellerin leidet am Dravet-Syndrom (einer genetischen Epilepsie). Sie ist, da jederzeit Krampfanfälle auftreten können, mit einem Notfallmedikament versorgt und wurde bisher nicht allein durch ihre Eltern, sondern auch durch Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger versorgt. Mit Wirkung ab dem 01.04.2020 verweigerte die Antragsgegnerin die Fortführung der Behandlungspflege, da Voraussetzung für eine spezielle Behandlungspflege sei, dass mindestens einmal täglich eine lebensbedrohliche Situation auftrete, welche eine sofortige medizinische Intervention erfordere; da sich die Zahl der Anfälle deutlich reduziert habe, seien diese Voraussetzungen nicht mehr gegeben. Im Vordergrund stehe vielmehr ein Hilfsbedarf bei der Grundpflege, welcher durch das bezogene Pflegegeld schon abgedeckt sei. Hiergegen trug die alleinerziehende Mutter der Antragstellerin vor, dass die Antragstellerin keineswegs gesundheitlich stabil und anfallsfrei sei; vielmehr habe sich die Zahl der Anfälle nur durch eine strenge ketogene Ernährung reduzieren lassen. Hierfür sei bei Kleinkindern eine umfassende Kontrolle und zeitliche Einhaltung notwendig. Eine Unterstützung durch eine Kinderkrankenpflegerin bzw. einen Kinderkrankenpfleger sei nicht nur zur Entlastung der Mutter geboten; sie sei auch erforderlich, damit die Antragstellerin weiter den Kindergarten besuchen und so in Kontakt mit Gleichaltrigen kommen kann.
Das Sozialgericht München gab dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz statt und verpflichtete die Antragsgegnerin, für die Antragstellerin Leistungen der Behandlungssicherungspflege in der Form spezieller Krankenbeobachtung durch ausgebildete Kinderkrankenschwestern und -pfleger zu erbringen. Dies stützte das Gericht auf folgende Erwägungen:
Eine behandlungspflegerische Maßnahme sei dann erforderlich, wenn die ständige Beobachtung eines Patienten notwendig ist, um jederzeit medizinisch-pflegerisch eingreifen zu können. Hierfür sei nicht zu fordern, dass die Anfälle tatsächlich täglich auftreten, sondern nur, dass sie mit hinreichend großer Wahrscheinlichkeit täglich auftreten können. Erfordere die Behandlung einer Krankheit eine fortlaufende ketogene Ernährung sowie eine blutige Kontrolle und eine ständige Überwachung von anderen Körperparametern wie der Körpertemperatur, um eine jederzeitige pflegerische Intervention zu ermöglichen, stelle dies keine Grundpflege mehr dar, sondern vielmehr eine behandlungspflegerische Maßnahme. Schließlich sei die Behandlungspflege auch unter dem Gesichtspunkt der Erholung der Mutter erforderlich; sollte es zu einer psychischen Erkrankung der Mutter aufgrund Überforderung kommen, wäre die erst fünfjährige Antragstellerin die Hauptleidtragende.