In seinem aktuellen Urteil vom 24.04.2020 setzte sich das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit der Frage auseinander, auf welcher Grundlage und genauer unter welchen Voraussetzungen die Kosten für die notwendige Begleitung durch einen Betreuer zur Strahlentherapie übernommen werden können.
Der bei der Beklagten versicherte Kläger wurde im August 2013 im Klinikum F. wegen eines fortgeschrittenen Meningeoms behandelt. Nach Teilentfernung des Tumors sollte zur weiteren Behandlung eine Strahlentherapie (ambulant) erfolgen. Der Kläger stellte bei der Beklagten einen Antrag auf Erstattung der Kosten für die ständige Begleitung einer Fachkraft aus der Betreuungseinrichtung, in der er sich befand, zur ambulanten Strahlentherapie im Klinikum. Begründet wurde dies damit, dass dem Betreuer durch die Begleitung ein erhöhter personeller Aufwand entstanden sei. Der Kläger sei aufgrund seiner geistigen Behinderung, massiver Verhaltensauffälligkeiten sowie seiner Blindheit auf eine fachliche Begleitung zur Strahlenbehandlung durch einen Mitarbeiter der Einrichtung angewiesen gewesen. Hiergegen machte die Beklagte gegenüber dem Betreuer des Klägers geltend, dass diese Personalkosten keine Leistung des SGB V seien. Zuständig sei vielmehr das Vormundschaftsgericht; erfolge die Mitfahrt eines Betreuers aus der Wohneinrichtung, entstünden zudem keine zusätzlichen Kosten, da er in diesem Fall abhängig Beschäftigter der Einrichtung sei; die Frage der Kostenübernahme sei sodann zwischen dem Betreuer und der Einrichtung zu klären.
Der Kläger erhob sodann Klage auf Übernahme der o.g. Kosten.
Das Sozialgericht Reutlingen wies die Klage mit Urteil vom 07.09.2017 mangels Rechtsgrundlage für die Gewährung der Kosten der Betreuung bei einer ambulanten Behandlung ab.
Die hiergegen seitens des Klägers eingelegte Berufung vorm Landessozialgericht Baden-Württemberg wurde im vorliegenden Urteil als zulässig, aber unbegründet abgewiesen. Dieses Urteil wurde auf folgende Erwägungen gestützt:
Der allein als Erstattungsanspruch in Betracht kommende § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben. Im Folgenden prüfte das Gericht sodann, ob ein solcher Sachleistungsanspruch gegeben war.
§ 60 SGB V umfasst nach Ansicht des Gerichts nicht die (Personal-)Kosten für Begleitpersonen. Die Vorschrift sehe zum einen nur die Erstattung von (reinen) Fahrkosten vor, nicht aber die von Personalkosten; zum anderen umfasse die Vorschrift nur eine stationäre Mitaufnahme einer Begleitperson, nicht jedoch wie hier eine allein ambulante Behandlung.
Mangels stationärer Behandlung komme auch kein Anspruch auf Übernahme der Kosten der Begleitperson aus § 11 Abs. 3 SGB V (in der bis zum 22. Juli 2015 geltenden Fassung) in Betracht.
Des Weiteren scheide auch ein Anspruch aus § 37 Abs. 1 S. 1 bzw. Abs. 2 S. 1 SGB V mangels entsprechender Verordnung sowie mangels Eröffnung des Anwendungsbereichs aus. § 37 SGB V erfasse nicht die häusliche Pflege zum reinen Behinderungsausgleich; erforderlich für die Annahme einer Behandlungspflege sei vielmehr, dass die Behandlungspflege an die zu behandelnde Erkrankung anknüpft. Vorliegend sei aber gerade die geistige Behinderung, nicht jedoch die onkologische Erkrankung, welche die Strahlentherapie bedingte, Grund für die Begleitung und Betreuung des Klägers gewesen.
Schließlich scheide auch ein Anspruch aus § 27 SGB V i. V. m. § 28 Abs. 1 S. 2 SGB V aus, da nichtmedizinische Tätigkeiten keine ärztliche Behandlung im Sinne der Vorschriften darstellten.
Nach Ansicht des Gerichts durfte der Kläger die beantragte Leistung auch subjektiv nicht für erforderlich halten, weshalb auch ein Anspruch aus § 13 Abs. 3a SGB V nicht in Betracht komme. Der Kläger hatte bei Antragsstellung keinerlei Atteste, Gutachten oder ähnliche Dokumentationen vorgelegt, aus denen sich ergeben hätte, dass die begehrte Begleitung wegen der konkret zu behandelnden Erkrankung medizinisch indiziert gewesen sei.