Das Landessozialgericht Baden-Württemberg befasste sich in seinem aktuellen Urteil vom 11.12.2020 mit der Pflicht der Krankenkasse zur Zahlung einer Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V a.F. Diese sei unter Umständen auch dann zu zahlen, wenn zu dem Zeitpunkt, zu dem die Krankenkasse den MDK zwecks Prüfung des Abrechnungsbetrages beauftragt hat, noch gar keine Rechnung seitens des Krankenhauses vorlag.
Die Klägerin, eine Hochschulklinik, behandelte einen bei der Beklagten Versicherten im Jahre 2013 wegen einer Hornhauttransplantation. Ihre Klage gegen die Krankenkasse richtet sich auf Zahlung einer Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V a.F. Die Beklagte hatte eine Prüfung durch den MDK eingeleitet, nachdem sie Kenntnis von der Entlassung ihres Versicherten aus dem Krankenhaus erlangt hatte, jedoch ohne die Rechnungserteilung seitens des Krankenhauses abzuwarten. Inhalt des Prüfauftrages war es, festzustellen, ob auch eine ambulante Behandlung möglich gewesen wäre. Im Endeffekt kam es zu keiner Minderung des Abrechnungsbetrages. Die Beklagte führte an, dass vorliegend kein Prüfverfahren mit dem Ziel einer Abrechnungsminderung nach § 275 Abs. 1c SGB V durchgeführt worden sei. Ein solches Prüfverfahren setze immer eine vorher erteilte Rechnung voraus, an der es hier unstreitig fehlte. Die Klägerin trug vor, die Beklagte verhalte sich rechtsmissbräuchlich, wenn sie einerseits vor Rechnungsstellung ein Prüfverfahren einleite und durch den MDK Unterlagen anfordere, dann aber nicht bereit sei, eine entsprechende Aufwandspauschale zu zahlen.
Nachdem das Sozialgericht Reutlingen der Klage stattgegeben hatte, legte die Beklagte Berufung ein. Das zuständige Landessozialgericht Baden-Württemberg sah diese Berufung als zulässig, aber unbegründet an.
Erforderlich für eine die Aufwandspauschale auslösende Prüfung sei es grundsätzlich, dass die Krankenkasse den MDK gezielt beauftragt, eine gutachterliche Stellungnahme abzugeben, welche darauf gerichtet ist, die Vergütung zu mindern, da das Krankenhaus den Abrechnungsbetrag möglicherweise zu hoch angesetzt hat. Von einer Abrechnungsprüfung im Sinne des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V a.F. sei regelmäßig dann auszugehen, wenn der dem MDK erteilte Prüfauftrag bei objektiver Betrachtungsweise eine Herabsetzung der im Raum stehenden Krankenhausvergütung zur Folge haben könnte und im Zeitpunkt der Auftragserteilung an den MDK zumindest bereits eine erste Krankenhausrechnung ordnungsgemäß erstellt und bei der Krankenkasse eingegangen sei. Dies sei ausschließlich anhand der äußeren Umstände des Sachverhaltes zu beurteilen. In der Regel könne eine Aufwandspauschale nach dem engen Wortlaut der Vorschrift damit nicht verlangt werden, solange der Krankenkasse noch keine konkret bezifferte Abrechnung zugegangen ist; dies gelte auch dann, wenn es aufgrund der hierdurch gewonnenen Erkenntnisse später zu einer Abrechnungsminderung kommt.
Eine Abweichung von dieser Regel sei jedoch dann geboten, wenn keine sachlichen Gründe für den frühzeitigen Prüfauftrag vorliegen. Dafür spreche auch Sinn und Zweck der Vorschrift des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V a.F.: dies sei, den bürokratischen Aufwand und dessen Folgen auf Seiten des Krankenhauses möglichst gering zu halten. Ansonsten bestünde für die Krankenkassen eine einfache Möglichkeit, der Auslösung einer Aufwandspauschale zu entgehen, indem sie die Prüfung nach Zugang der Daten gem. § 301 SGB V, aber vor Rechnungserstellung durch das Krankenhaus einleiten.