Das Sozialgericht Marburg hat sich in einem aktuellen Urteil vom 31.07.2020 mit dem Thema der Fallzusammenführung befasst. Inhaltlich ging es darum, ab wann das Krankenhaus zwei Aufenthalte nur zusammen abrechnen kann, weil eine Beurlaubung vorzunehmen ist.
Die bei der Beklagten Versicherte wurde vom 22. bis 25.08.2016 sowie vom 17. bis 25.10.2016 in der Klinik der Klägerin stationär behandelt. Die Klägerin stellte beide Aufenthalte getrennt in Rechnung, einmal unter Zugrundelegung der DRG 168D sowie einmal unter Zugrundelegung der DRG I10B. Die Beklagte zahlte den in Rechnung gestellten Betrag zunächst; nach Hinzuziehung des MDK kam die Beklagte jedoch zu dem Ergebnis, der zweite Aufenthalt sei bereits bei der Entlassung aus dem ersten stationären Aufenthalt festgelegt worden und erklärte damit die Aufrechnung mit weiteren unstrittigen Behandlungsfällen der Klägerin. Es handele sich um eine bei der Entlassung geplante Wiederaufnahme, bei der das Krankenhaus eine Beurlaubung hätte vornehmen müssen. Die Klägerin hielt dem entgegen, eine Fallzusammenführung sei nicht vorzunehmen, eine Abrechnung habe nach § 8 KHEntgG getrennt zu erfolgen. Die Aufrechnung sei zudem nach § 325 SGB V verspätet erfolgt.
Das Sozialgericht Marburg sah die Klage als unbegründet an; die Klägerin habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des strittigen Rechnungsbetrages. Die Voraussetzungen für eine Fallzusammenführung würden sich vorliegend aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Wirtschaftlichkeitsgebot (Vergütung bei fiktivem wirtschaftlichem Alternativverhalten) ergeben.
Wählt das Krankenhaus einen unwirtschaftlichen Behandlungsweg, könne es allenfalls die Vergütung beanspruchen, die bei fiktivem wirtschaftlichem Alternativverhalten angefallen wäre. Die Voraussetzungen einer Beurlaubung seien erfüllt, wenn die weitere Behandlung bereits am Entlassungstag kurzfristig absehbar ist. Es reiche hierfür aus, dass das Krankenhaus bei der Behandlungsunterbrechung die Indikation für die Wiederaufnahme stellt, um die Behandlung zeitnah fortzusetzen. Das Gericht verweist insoweit auf das Urteil des BSG vom 28.03.2017 (Az.: B 1 KR 29/16 R).
Auch eine Verjährung komme vorliegend nicht in Betracht: zum Zeitpunkt der Verrechnung (29.11.2018) gelte eine vierjährige, keine zweijährige Verjährungsfrist. Auch der § 325 SGB V gelte erst zum 01.01.2019. Auf die verfassungsrechtlichen Bedenken zu § 325 SGB V komme es damit nicht mehr an.