Das Sozialgericht Gelsenkirchen hatte sich in dem vorliegenden Fall mit der Verwirkung von einem Rückzahlungsanspruch der Krankenkasse, welcher kurz vor der Verjährungsfrist und nach abgeschlossenem MDK-Prüfverfahren ausgesprochen wurde, zu beschäftigen.
Der bei der Klägerin Versicherte wurde wegen „sonstiger Polyneuritiden“ vollstationär im Krankenhaus der Beklagten behandelt. Die Beklagte verabreichte der Versicherten das Medikament Rituximab. Der von der Klägerin am 22.04.2014 beauftragte MDK kam in seiner Prüfung zu keiner Minderung des von der Beklagten in Rechnung gestellten Abrechnungsbetrags. Die Klägerin zahlte der Beklagten daraufhin eine Aufwandspauschale. Mit Schreiben vom 02.10.2018 meldete die Klägerin sodann gegenüber der Beklagten eine Rechnungsminderung an. Das von der Beklagten verwendete Medikament Rituximab habe für die Behandlung der vorgenannten Erkrankung der Versicherten keine arzneimittelrechtliche Zulassung gehabt. Fertig-Arzneimittel seien nach der aktuellen Rspr. des BSG (Urteil vom 13.12.2016, B 1 KR 1/16 R) aber nur dann von der Leistungspflicht der Krankenkasse erfasst, sofern eine arzneimittelrechtliche Zulassung besteht. Nach Auffassung der Beklagten sei ein Erstattungsanspruch der Klägerin jedoch verwirkt.
Das Sozialgericht Gelsenkirchen folgte in seinem Urteil vom 27.11.2019 der Auffassung der Beklagten. Die Durchsetzung eines etwaig bestehenden öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs der Klägerin scheitere an der Einwendung der Verwirkung iSd § 242 BGB seitens der Beklagten. Das Rechtsinstitut der Verwirkung finde als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist zwar nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung. Von einer solchen Ausnahmekonstellation könne in diesem Fall aber ausgegangen werden. Die Klägerin habe der Beklagten hinreichend eindeutig den endgültigen Abschluss des Prüfverfahrens zum Ausdruck gebracht. Nach Überprüfung durch den MDK habe sie keine weiteren Forderungen auf Rückzahlung an die Beklagte gestellt und zudem auch eine Aufwandspauschale an die Beklagte geleistet. Voraussetzung für die Zahlung einer Aufwandspauschale sei u.a., dass die Prüfung der Abrechnung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags geführt hat. Die Klägerin habe durch die Zahlung daher die Beendigung ihres Prüfungsverfahrens zum Ausdruck gebracht. Infolgedessen durfte sich die Beklagte auch, jedenfalls nach dem Ablauf von ca. 4 Jahren, darauf einstellen, dass keine weitere Rückforderung des überprüften Behandlungsfalles erfolgen werde.