Wer trägt die Folgekosten für eine medizinisch nicht indizierte Behandlung? Diese Frage beantwortete das BSG nun anhand des Falles einer medizinisch nicht indizierten ästhetischen Operation in Gestalt einer operativen Brustvergrößerung mittels Mamma-Augmentationsplastik.
Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin unterzog sich privatärztlich auf eigene Kosten im Juni 2017 einer medizinisch nicht indizierten Brustvergrößerung. Wegen Wundheilungsstörungen mit Serom, Nahtdehiszenz und Kapselfibrose entfernte ein Krankenhaus in vollstationärer Behandlung die perforierten Brustimplantate im November 2017. Die Beklagte verpflichtete die Klägerin, sich an den Kosten für die stationäre Krankenhausbehandlung iHv 2294,90€ zu beteiligen. Dagegen wandte sich die Klägerin.
Nachdem schon das SG Berlin die Klage auf Aufhebung der Verwaltungsentscheidung abgewiesen hatte, wurde nun auch die Revision der Klägerin gegen das Urteil des SG Berlin zurückgewiesen. Nach §52 Abs.2 Fall 1 SGB V habe die Krankenkasse die Versicherten, die sich eine Krankheit durch eine medizinisch nicht indizierte ästhetische Operation, eine Tätowierung oder ein Piercing zugezogen haben, in angemessener Höhe an den Kosten zu beteiligen. Medizinisch nicht indizierte ästhetische Operationen in diesem Sinne seien Operationen, die allein aus Gründen der Änderung der äußeren Wahrnehmung des Operierten erfolgen. Die Voraussetzungen dieser Norm seien hier erfüllt. Die Beklagte habe zudem ihr Ausübungsermessen hinsichtlich der Höhe der Kostenbeteiligung rechtmäßig ausgeübt.
Auch verstoße weder die konkrete Entscheidung über die Kostenbeteiligung der Klägerin noch die Regelung des § 52 Abs.2 SGB V gegen das GG. Die Beteiligung von Versicherten an Folgekosten medizinisch nicht indizierter Behandlungen verletzte weder das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art.2 Abs.2 S.1 GG) noch das Grundrecht aus Art.2 Abs.1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip. Der Gesetzgeber habe mit der Kostenbeteiligung lediglich in verhältnismäßiger Weise von seinem Gestaltungsrecht Gebrauch gemacht, den Bereich der Eigenvorsorge zu umreißen. Die gesetzlichen Krankenkassen seien nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist. Verfassungsunmittelbare Leistungsansprüche erwachsen Versicherten lediglich als Ausnahme in Fällen einer notstandsähnlichen Situation aufgrund einer lebensbedrohlichen oder vorhersehbar tödlich verlaufenden Krankheit. Auch liege kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art.3 GG vor. Die Regelung des § 52 Abs.2 SGB V mache weder das Geschlecht zum rechtlichen Anknüpfungspunkt noch ziehe sie dieses zur Rechtfertigung für eine rechtlich benachteiligende Ungleichbehandlung heran. Die Regelung sei rechtlich geschlechtsneutral sachbezogen gefasst. Sollten Frauen tatsächlich zu einem höheren Prozentsatz als Männer Schönheitsoperationen in Anspruch nehmen, beruhe dies nicht auf struktureller Benachteiligung.